Montag, 12. September 2016

Indien die Dritte

Um nach Kochi zu kommen, entschieden wir uns für eine fünfstundige Zugfahrt. Wir hatten uns gerade ein ruhiges Abteil ausgesucht, da rief jemand hinter uns: "No Sir, only ladies here!" Verwirrt verließen wir den Waggon und sahen von außen tatsächlich die Kennzeichnung, dass dieser Waggon allein für Frauen vorgesehen ist. Verrückt, dass es das wirklich noch gibt... Aber wir fanden auch woanders Platz. Der Zug war uralt, dreckig und klapprig.





Dennoch haben wir die Fahrt gut überstanden und sogar noch Leute kennengelernt. Unverständlich war es für sie, wie wir eine so große Reise unternehmen können ohne verheiratet zu sein. Man war leicht schockiert und fragte ob denn unsere Eltern damit einverstanden wären und wann wir denn gedenken würden den Bund der Ehe zu schließen. Noch verwunderter wurden die Gesichter, als wir unser Alter verrieten. Mitte 20 und noch nicht verheiratet! Für die meisten hier undenkbar. Dass es in Europa normal ist, unverheiratet zusammen zu sein stieß gar auf Unverständnis. Dennoch war es ein nettes Gespräch. Man teilte gebrannte Mandeln mit uns, wollte zur Hochzeit eingeladen werden und wir bekamen sogar ein Abschlussfoto.



In Kochi blieben wir zwei Tage. Die Hafenstadt, die sich auf mehrere Inseln verteilt, versprüht noch immer kolonialen Flair (zuerst waren es die Portugiesen, dann die Holländer). Hier stehen viele alte Villen in portugiesischer Architektur, im ehemaligen Judenviertel sind diverse Antiquitätenhändler und andere nette Läden ansässig. Generell ist die Stadt bekannt für seinen Gewürzhandel. Und die Hauptattraktion sind die riesigen chinesischen Fischernetze am Fort. Hier konnten wir es ein bisschen auf Touri-Art schlendernd und shoppend gut aushalten.




Hier gibt es keine Straßenhunde, hier gibt es Ziegen.

Hier wird Zuckerrohr gepresst. Der Saft ist sooooo lecker, und gar nicht so süß wie man denkt. 


Wie bisher in allen Städten ist uns auch hier aufgefallen, wie selbstverständlich hier Hindus neben Moslems neben Christen und teils Juden leben. Moscheen und Kirchen haben wir in Indien genau so viele gesehen wie Tempel. Wer hätt's gedacht?!

Wir wollten unbedingt noch auf eigene Faust mit einem Auto durchs Land fahren. Bald stellte sich aber heraus, dass das in Indien vollkommen unüblich ist. Autos werden einfach nicht vermietet. Wenn man damit unterwegs sein will und kein eigenes hat, muss man sich gleich einen Fahrer mit Wagen mieten. Damit hatten wir die Hoffnung eigentlich aufgegeben, dass unser Vorhaben klappen würde. Aber siehe da: Unser netter Hostebesitzer kümmerte sich und organisierte, dass wir das Auto seines Bruders für vier Tage haben konnten. Jackpot! Ein kleiner Suzuki Minibus wurde unser Gefährt. Und das KLEIN ist hier Programm ;).



Erster Halt war Marari Beach, ein riesiger weißer Sandstrand mit Palmen. Ein kurzer Badestopp, bei dem wir -ich in westlicher Bademontur und Robert mit seinen Dreds- Hauptattraktion für die Inder waren. Unser eigentliches Ziel war Aleppey, von wo aus man perfekt in die Backwaters, ein riesiges Netz aus Flüssen und Kanälen, starten kann. Wir buchten einen Tagestrip auf einem Kanu mit unserem eigenen Bootsmann/ Guide. Es war super interessant und sehenswert. Wir fuhren zwischen Reisfeldern hindurch, pflückten uns Bananenblätter als "natural plate", aßen bei Bekannten unseres Guides Mittag und begegneten immer wieder Kindern auf dem Weg von der Schule nach Hause. Sie fragten wieder und wieder: "Do you have a pen?" Wir erklärten schlechten Gewissens, dass wir leider keinen Stift dabei hatten und fragten uns, was sie wohl vor hatten mit einem Stift. Unser indischer Freund erklärte dann aber, dass die Kinder es seit der Kolonialzeit so gewohnt waren, dass Weiße ihnen was schenkten. Meistens eben einen Stift. Und so fragen sie noch heute....



Eins der Reisfelder



Wir sind da, wo der Pfeffer wächst. 




So schön die Backwater-Tour auch war, wir machten uns bald auf zur nächsten Station: die Teeplantagen von Munnar. In Serpentinen schlängelte sich die schmale Straße die 2000m hinauf. Unterwegs gab es immer wieder spektakuläre Wasserfälle zu bestaunen und Affen, die auf einen kleinen Snack der Touris hofften. Schon die Fahrt hatte sich somit voll und ganz gelohnt. 
Angekommen spazierten wir durch die gritzegrünen Teeplantagen.  Saftige grüne, wolkenverhangene Hügel soweit das Auge reicht. Wusstet ihr, dass Indien nach China der weltweit größte Teeproduzent ist? Wir fuhren noch einige schöne Viewepoints und Wasserfälle ab. Eine Nacht sind wir in Munnar geblieben, da wir anschließend schon wieder nach Kochi mussten, um das Auto pünktlich abzugeben.








Wir blieben die restlichen drei Tage im schönen Kochi und fielen dem Shoppingfieber zum Opfer. Am 6.9. abends  ging es dann per spontan gebuchtem, nen Appel und nen Ei kostendem Inlandsflug nach Chennai, von wo aus der Flieger nach Singapur startete. Aber darüber in den nächsten Tagen mehr. :)